Ich lese Zeitung. Als Informationsquelle. Auch nicht nur eine. Nachrichten und informelle Sendungen im Fernsehen oder gar im Radio sind mir ein Greuel. Im Rundfunk bin ich der Auswahl der Redaktionen ausgeliefert. Neben dem Umstand, daß mich längst nicht alles interessiert, fühle ich immer gleichen akustischen Stereotypen ausgesetzt, die ich schnell nur schwer ertragen kann. Beim Zeitung lesen kann ich aus dem Angebot meine Auswahl treffen.
Abonieren mag ich aber nicht, am wenigsten Tageszeitungen. Etwa, weil ich immer vergesse, sie vor dem Urlaub abzubestellen. Und aus psychologischen Gründen. Täglich eine kleine Summe erscheint mir günstiger.
Das heißt, ich muß jeden Morgen raus. Was heißt müssen? Wenn nicht, fehlt mir was. Allein schon die Antwort auf die Frage, wie der neue Tag riecht. Gebackene Cornflakes, Nord- Nordwest Wind, sehr kalt. Bier: Nordwest- Wind, kalt. Schokolade: schon besser, Westwind. Riecht außerdem gut. Wie Kaffee: Südwind, warm. Oder mit etwas Gülle: Frühling! Cornflakes und Schokolade gibt’s allerdings nicht mehr, kaltes Wetter schon.
Dann führt mich der Weg etwa 280 Meter über den Neuen Markt zu Stefans Zeitungsladen. Da der nicht immer auf hat, geht es an einigen Tagen 179 Meter in die andere Richtung. Die großen Bilder und Geschichten sind dort eher nicht zu erwarten. Der Blick geht von alleine auf die kleineren Dinge und Veränderungen, die sonst nur wenig Beachtung finden. Für mich ist dieser Blick eine Bereicherung.
Zur Lebendigkeit trägt mittlerweile nicht unwesentlich das Phänomen „zu verschenken“ bei, das im Verlauf der Jahre aufgekommen ist. Der Soziologe in mir hat seine Freude daran, aber auch an den erstaunlichsten Büchern, den teilweise skurilen Zügen des Verschenkten und sehr oft auch an der einstmals gewollten sowie der jetzt eher unbeabsichtigten unterschiedlichsten Ästhetik. Alles, was zu sehen ist, war auch so vorgefunden, ich selbst habe nichts arrangiert.